Nutzungskonflikte im alpinen Raum: Maßhaltigkeit und Perspektivwechsel als Lösungsweg
Die Nutzungskonflikte im alpinen Raum nehmen stetig zu. Mountainbiker, Wanderer, Waldbesitzer, Landwirte und Tourismusverantwortliche – sie alle haben unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse, die nicht selten zu Spannungen führen. Im Interview mit dem Mountainbike Kongress teilt Peter Kapelari, erfahrener Mediator bei Konflikten im Bergraum, seine Expertenperspektive zu diesem komplexen Thema.
Maßhaltigkeit als zentrale Strategie
“Die wichtigste Strategie ist die Maßhaltigkeit”, betont Kapelari gleich zu Beginn unseres Gesprächs. In einer Zeit, in der Berggipfel und idyllische Plätze durch soziale Medien zu überlaufenen Hotspots werden, sei diese Tugend wichtiger denn je.
“Man muss sich überlegen, ob man wirklich jeden Event und jede Eventisierung und jede Bewerbung braucht”, erklärt der Experte für Nutzungskonflikte im alpinen Raum. “Wir kennen die Instagram-Hotspots, wo plötzlich so viele Leute sind, dass es zu viel wird. Solche plötzlichen Überlastungen sind sehr problematisch.”
Die Folgen sind vielfältig: Erosion, Störung der Wildtiere, Konflikte mit Grundbesitzern und eine Beeinträchtigung des Naturerlebnisses für alle Beteiligten. Besonders beim Mountainbiking im alpinen Raum zeigt sich dieses Spannungsfeld deutlich, wenn beliebte Trails plötzlich überlaufen sind.
Perspektivwechsel als Schlüssel zum Miteinander
Als zweiten entscheidenden Ansatz zur Lösung von Nutzungskonflikten im alpinen Raum nennt Kapelari den Perspektivwechsel: “Eine ganz wesentliche Strategie ist, wenn man von jedem der verschiedenen Landschaftsnutzer verlangt, sich den Hut des jeweils anderen aufzusetzen.”
Dies bedeutet konkret:
- Wie fühlt es sich an, Waldbesitzer zu sein und zuzusehen, wie ohne Absprache Trails durch den eigenen Wald angelegt werden?
- Wie geht es einem Bauern, der Angst hat, dass seine Kühe jemanden verletzen könnten, weil plötzlich so viele freilaufende Hunde da sind?
- Wie erlebt ein Wanderer die Begegnung mit schnellen Mountainbikern auf schmalen Wegen?
“Wenn man sich das selbst überlegt, wird man seinen Hund eher anleinen und nicht denken, es sei harmlos, wenn er Kühe jagt”, führt Kapelari aus. “All diese Konflikte erfordern Empathie – man muss versuchen, sich in die Lage des anderen zu versetzen.”
Nachhaltige Lösungen für Mountainbiker und andere Bergnutzer
Die Nutzungskonflikte im alpinen Raum betreffen Mountainbiker in besonderem Maße, da sie oft als “neue” Nutzergruppe wahrgenommen werden. Kapelari sieht hier mehrere Ansatzpunkte für nachhaltige Lösungen:
- Kommunikation und Einbindung aller Betroffenen: Frühzeitige Gespräche mit Grundbesitzern, Gemeinden und anderen Nutzergruppen sind essenziell.
- Zonierung der Nutzung: Nicht jeder Bereich muss für alle Aktivitäten zugänglich sein. Eine sinnvolle Aufteilung kann Konflikte reduzieren.
- Sensibilisierung der Community: Die Mountainbike-Community sollte aktiv für respektvollen Umgang mit Natur und anderen Nutzern eintreten.
- Infrastrukturelle Lösungen: Gut geplante Streckenführungen und klare Beschilderungen können Konflikten vorbeugen.
- Verzicht auf Überpromotion: Nicht jeder Trail muss in sozialen Medien beworben werden – manchmal ist weniger mehr.
Kulturelle Werte und Traditionen respektieren
Ein oft übersehener Aspekt bei Nutzungskonflikten im alpinen Raum ist die kulturelle Dimension. Der alpine Raum ist nicht nur Naturlandschaft, sondern auch Kulturlandschaft mit Traditionen und Bräuchen.
“Wenn wir über Nachhaltigkeit sprechen, müssen wir auch die kulturelle Nachhaltigkeit mitdenken”, erläutert Kapelari. “Das bedeutet Respekt vor lokalen Gemeinschaften und ihren Lebensweisen.”
Dies kann bedeuten, während landwirtschaftlicher Arbeitszeiten bestimmte Bereiche zu meiden oder lokale Feste und Bräuche zu respektieren. Für Mountainbiker bietet sich hier auch die Chance, Teil der lokalen Gemeinschaft zu werden, statt als Eindringlinge wahrgenommen zu werden.
Fazit: Balance durch gegenseitigen Respekt
Die Lösung von Nutzungskonflikten im alpinen Raum erfordert ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Strategien. Kapelaris Ansatz der Maßhaltigkeit und des Perspektivwechsels bietet dabei einen wertvollen Kompass.
“Am Ende geht es um Respekt”, fasst der Experte zusammen. “Respekt vor der Natur, vor anderen Menschen und ihren Bedürfnissen und vor den Grenzen dessen, was ein Ökosystem verkraften kann.”
Für Mountainbiker bedeutet dies, Teil der Lösung zu werden: durch rücksichtsvolles Verhalten, aktive Kommunikation mit anderen Interessengruppen und eine maßvolle Nutzung der alpinen Landschaft. Nur so kann der alpine Raum als Erholungs- und Erlebnisraum für alle nachhaltig bewahrt werden.